Die handelsrechtliche Rechnungslegung hat eine jahrhunderte alte Tradition und baut auf kaufmännische Übung, ein breites Normengerüst und natürlich mittlerweile auch auf ein ergiebiges Schrifttum.
Über die Regelung des § 155 InsO dachten die Urväter des Gesetzes, sie hätten mit einer einfachen Formulierung alles Notwendige geschaffen, dass die handelsrechtliche Rechnungslegung auch im Insolvenzverfahren vollumfänglich fortzuführen ist. Dabei hatten sie jedoch nicht mit der Praxis der Insolvenzverwalter, der Rechtspfleger oder auch Gerichte gerechnet, die diese gesetzliche Regelung in den letzten Jahren zum Teil deutlich anders interpretiert haben.
Aber nicht nur der Bereich der externen handelsrechtlichen Rechnungslegung unterliegt einer praktischen Vielfalt, sondern auch der der internen Rechnungslegung. Hier sind die gesetzlichen Regelungen zum Verzeichnis der Massegegenstände zum Gläubigerverzeichnis, zur Vermögensübersicht oder auch zur Schlussrechnung durchaus umfangreicher, aber scheinbar noch lange nicht so umfangreich, dass sich in der Praxis daraus eine einheitliche Rechnungslegung gebildet hat.
Die restliche Welt hat sich in der Zwischenzeit genau in eine andere Richtung entwickelt. Alles wird zertifiziert, standardisiert und geratet, so dass es sich aufdrängte, dass auch der Bereich der insolvenzrechtlichen Rechnungslegung diesem Prozess zu unterziehen ist.
Neben einigen anderen hat sich das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) diesen Themen angenommen und mit drei Rechnungslegungsstandards eine erste Duftmarke gesetzt, die jedoch in der Praxis bis heute keine breite Anerkennung gefunden hat.
Seit 2009 hat das ZEFIS - Rheinland-pfälzisches Zentrum für Insolvenzrecht und Sanierungspraxis im Rahmen eines Forschungsprojektes das Thema aufgegriffen und zwischenzeitlich zu einer Sensibilisierung der Gerichte, Rechtspfleger aber auch der Insolvenzverwalter geführt. Auch die Insolvenzverwalter selbst haben das Thema im Rahmen der Definition ihrer eigenen Zertifizierungskriterien ins Programm aufgenommen, so dass insgesamt ein Prozess in Gang gesetzt wurde, der am Ende zu einer Standardisierung der Insolvenzrechnungslegung führen soll.
Mit der Implementierung des Gemeinschaftskontenrahmens Insolvenz (GK-Inso) ist es gelungen, alle wesentlichen Beteiligte davon zu überzeugen, dass es Sinn macht, Geschäftsvorfälle in der Insolvenz nach einem einheitlichen Kontenrahmen zu verbuchen, denn der Kontenrahmen ist die Grundlage jeglicher Buchhaltungsauswertung von der Anordnung der vorläufigen Insolvenz bis zur Aufhebung des Verfahrens.
Sofern der Kontenrahmen angewandt wird, können die notwendigen Auswertungen aus der Buchhaltung bereitgestellt werden und bei entsprechender Implementierung in die Programme ist zukünftig eine standardisierte Schlussberichterstattung genauso möglich, wie eine standardisierte Prüfung der Buchhaltung, der Schlussrechnung und weiterer Unterlagen durch die Gerichte, genauso wie durch externe Schlussrechnungsprüfer.
In der insolvenzrechtlichen Literatur wird das Thema der Insolvenzrechnungslegung eher etwas stiefmütterlich behandelt, wenn man die oben zitierte Bedeutung der Rechnungslegung zugrunde legt.
So finden sich einzelne Werke, die sich mit Teilaspekten der Insolvenzrechnungslegung beschäftigen, oder nur die externe, oder nur die interne Rechnungslegung umfassen. Ein vollumfängliches Werk, welches sämtliche Bereiche der Insolvenzrechnungslegung umfasst, fehlte bisher.
Mit diesem Werk möchten die Autoren genau diese Lücke schließen und den Bereich der Insolvenzrechnungslegung von allen Seiten betrachten.
Das Buch soll nicht nur alle Themenbereiche der Rechnungslegung erörtern, sondern auch die unterschiedlichen Blickwinkel der Beteiligten berücksichtigen. So haben wir versucht, die Sichtweisen der unterschiedlichen Beteiligten, wie Gerichten, Rechtspflegern, Insolvenzverwaltern, deren Mitarbeitern, Schlussrechnungsprüfern und weiteren Verfahrensbeteiligten zu berücksichtigen. Damit soll das Buch ein praktischer Wegweiser für all diese Beteiligten sein und ihnen helfen, dass wir gemeinsam in kurzer Zeit die Defizite in der Standardisierung der Insolvenzrechnungslegung aufholen.
Der jetzt erreichte Stand der Standardisierung kann nur ein Zwischenschritt zu dem vorgegebenen Ziel sein, so dass wir hoffen, dass dieses Buch schon in kürzester Zeit einer Überarbeitung bedarf, weil es den beteiligten Gruppen gelungen ist, weitere Bereiche der Insolvenzrechnungslegung zu standardisieren.
Gemäß den Adressaten des Buches wurden die einzelnen Kapitel ganz bewusst mit praktischen Beispielen ergänzt.